Schon 6-7 alte Welpen kommunizieren aktiv mit dem Hundeblick

Hunde zeichnen sich dadurch aus, dass sie in unklaren Situationen sehr schnell zum Menschen blicken. Doch die Funktion dieser Blicke wurde kontrovers diskutiert. Schauen sie einfach in der Gegend herum, wenn sie aufgegeben haben, ein Problem selbst zu lösen? Oder hat der Blick zum Menschen eine kommunikative Funktion? Im Jahr 2022 haben wir eine Studie publiziert, die nahelegte, dass Hunde tatsächlich Blickkontakt aufnehmen, um um Hilfe zu bitten, wenn sie eine Belohnung nicht selbst erlangen können (Hirschi et al. 2022).

In der neuen Studie haben wir das Blickverhalten von 83 erst 6-7 Wochen alten Hundewelpen beobachtet. Insbesondere interessierten uns dabei die sogenannten „gaze alternations“ (Blickwechsel) – d.h. Hin- und Herblicken zwischen einem Objekt und dem Gesicht eines Menschen. Dabei haben wir die Blicke der Welpen in zwei Situationen ausgewertet:

  1. wie häufig die Welpen zwischen einem batterieangetriebenen unbekannten Objekt und einem Menschen hin- und herblickten und
  2. wie häufig die Welpen in einer Problemlöseaufgabe zwischen dem Becher, welcher den Zugang zu einer Futterbelohnung verhinderte, und einem Menschen hin- und herblickten.

Frühe Entwicklung von Blickwechseln

Trotz des jungen Alters zeigten über 69% der Welpen mindestens einen Blickwechsel, wenn sie mit dem unbekannten Objekt konfrontiert waren. In der Problemlöseaufgabe war dies bei über 45% der Welpen der Fall. Dies ist besonders interessant, da Menschenkinder mit 8-9 Monaten, von Menschen aufgezogene Schimpansen oder Bonobos hingegen erst im Alter von einigen Jahren anfangen, in ähnlichen Situationen Blickkontakt zum Menschen aufzunehmen. Auch Wolfswelpen blicken viel weniger auf menschliche Gesichter als Hundewelpen, selbst wenn sie von Hand aufgezogen wurden und 24 Stunden am Tag mit Menschen zusammen sind. Hunde und Menschen sind einander also ähnlicher als mit ihren jeweiligen nächsten Verwandten.

Kommunikative Funktion des Blickkontakts und konstante individuelle Unterschiede

Junge Welpen winseln/ wimmern sehr häufig. Wie haben die Dauer dieses Winselns ebenfalls ausgewertet und fanden heraus, dass in beiden Situationen die Häufigkeit der „gaze alternations“ signifikant mit der Dauer des Winselns korreliert war. Dies untermauert die Hypothese, dass die Blicke der Welpe auf den Menschen zielgerichtet waren und der sozialen Kommunikation dienten.

Schlussendlich haben wir auch noch herausgefunden, dass die Zahl der Blickwechsel in den zwei Situationen ebenfalls positiv miteinander korreliert war. Das heißt, wir finden individuelle Unterschiede in der Tendenz von Hundewelpen, zum Menschen zu blicken, welche in verschiedenen Kontexten (Problemlöseaufgabe vs potenziell unheimliches Objekt) gemessen werden können.

Genetik und Sozialisierung spielen eine Rolle

Während eine frühere Studie mit 8 Wochen alten Welpen in Gegenwart eines unbekannten Objekts ebenfalls „gaze alternations“ nachweisen konnte, wurden Blickwechsel in Problemlöseaufgabe bisher nicht bei so jungen Welpen beobachtet. Vermutlich nahmen die Welpen in unserer Studie deshalb so  viel Blickkontakt auf, weil sie im Vergleich zu Welpen und Junghunden früherer Studien besonders viele gute Sozialisationserfahrungen mit Menschen hatten. Das Zusammenspiel zwischen Genetik und individuellen Erfahrungen beeinflusst also vermutlich auch das Blickverhalten von Hunden. Hunde haben eine starke Neigung, mit uns Blickkontakt aufzunehmen, die wohl im Tierreich einzigartig ist. Diese und unsere vorherige Studie haben gezeigt, dass dieser Blickkontakt wohl wirklich zur Kommunikation dient.

Danke an meine ehemaligen Studentinnen, Lisa Stolzlechner (www.lisastolzlechner.com) und Alina Bonorand für ihre tolle Arbeit! Die Studie ist eine Kollaboration der Vetmeduni Vienna (Stefanie Riemer), Universtität Wien (Lisa Stolzlechner) und  Universität Bern (Alina Bonorand und Stefanie Riemer).

Quellen:

Hirschi, A., Mazzini, A., & Riemer, S. (2022). Disentangling help-seeking and giving up: differential human-directed gazing by dogs in a modified unsolvable task paradigm. Animal Cognition, 25(4), 821-836. Link

Riemer, Bonorand & Stolzlechner (2024) Evidence for the communicative function of human-directed gazing in 6- to 7-week-old dog puppies. Animal Cognition DOI : 10.1007/s10071-024-01898-y. Link