Der Blick zurück – Hilfesuche oder Aufgeben?

Blickkontakt Hund-Mensch

Kommunikation oder Resignation?

Teil 1 der Zusammenfassung unserer neuesten Studie:

Wer kennt es nicht: wenn ein Hund sich mit einem Problem konfrontiert sieht, das er nicht alleine lösen kann, folgt irgendwann unweigerlich der Blick zum Menschen. Wölfe zeigen viel weniger Tendenz, Blickkontakt aufzunehmen, und Dingos liegen zwischen Haushunden und Wölfen. Jedoch wurde die Bedeutung dieser Blicke in der wissenschaftlichen Literatur kontrovers diskutiert: als Hilfesuchen oder aber, weil der Hund aufgegeben hat. So zeigte sich beispielsweise: je beharrlicher ein Tier (Hund/Wolf) versuchte, das Problem zu lösen, desto weniger nahm es Blickkontakt auf.

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In unserer neuesten Studie konnten wir die konträren Erklärungsmöglichkeiten erstmals kontrolliert testen. Wir führten einen „unsolvable Task“ (unlösbare Problemaufgabe) durch, in welcher eine Belohnung (Futter oder Spielzeug) in einer Box eingeschlossen wurde, welche die Hunde nicht öffnen konnten. Doch gleichzeitig hatten die Hunde die jeweils ANDERE Belohnungsart (d.h. Spielzeug oder Futter) zur freien Verfügung.
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Alle Hunde wurden einmal mit dem Futter in der Box und dem verfügbaren Futter getestet und einmal mit dem Spielzeug in der Box, während das Spielzeug zur Verfügung stand. Wie lange die Hunde in die Gesichter der anwesenden Personen (Besitzerin und eine unbekannte weibliche Testperson) schauten, wurde ausgewertet.
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Die Ergebnisse zeigten: solange eine Alternative zur Verfügung stand, war die Dauer der Interaktion mit der Box, in der sich die Belohnung befand positiv korreliert mit der Dauer des Blickkontakts mit einem Menschen. Das bedeutet: beide Verhaltensweisen dienten offenbar dem Erlangen der unerreichbaren Belohnung, wenn diese für den Hund wichtiger war als die erreichbare Belohnung. Das Anschauen des Menschen kann somit als soziale Kommunikation und Hilfesuchen interpretiert werden.
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Wichtig ist hierbei, dass wir durch den Versuchsaufbau für die individuell unterschiedliche Motivation der Hunde, die Futter- oder Spielzeugbelohnung zu erlangen, kontrollieren konnten.Sobald alles Futter konsumiert war, zeigte sich hingegen eine negative Korrelation zwischen der Interaktion mit der Box und die Blickdauer. D.h., je beharrlicher ein Hund versuchte, die unterreichbare Belohnung zu erlangen, desto weniger blickte er zum Menschen, wie es frühere Studien auch gezeigt haben. Die resultierenden Blicke können somit neben der Hilfesuche auch darauf hindeuten, dass der Hund aufgegeben hat oder die Aufmerksamkeit des Menschen aus anderen Gründen erzielen möchte (Blicke in Bezug auf das verfügbare Spielzeug wurden übrigens gesondert ausgewertet).
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Fazit: Zweifellos blicken Hunde Menschen an, um zu kommunizieren, dass sie Hilfe benötigen. Doch nicht alle Blicke dienen dem Hilfesuchen. Weitere Evidenz, dass Hunde differenzieren, welche Person ihnen eher helfen wird, gibte es in Teil 2 der Studienzusammenfassung.
 

Quelle:

Hirschi, A., Mazzini, A., & Riemer, S. (2022). Disentangling help-seeking and giving up: differential human-directed gazing by dogs in a modified unsolvable task paradigm. Animal cognition, in press. Volltext